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Marketing und KI: Zeit, radikal menschlich zu sein

Dieser Artikel wird schon sehr bald sehr, sehr alt aussehen.

Denn was du und ich gerade als neu empfinden, ist vermutlich in ein paar Monaten schon Normalität. Ein alter Hut. Schnee von gestern.

Willkommen im KI-Zeitalter!

Die KI schreibt schon jetzt mit den richtigen prompts Texte, bei denen ich anerkennend die Luft einziehe.

„Wow, hätte von mir kommen können!“

Und manchmal überkommt mich das Gefühl: Ich werde gerade abgeschafft.

Denn worin ich immer gut war – flüssig formulieren, nahbar und bildhaft texten, logisch argumentieren – das kann jetzt jeder, mit Hilfe von KI.

Mein Talent ist nichts Besonderes mehr.

„Gute Texte“ werden bald normal sein.

Das ist erst mal hart für mich – aber tatsächlich auch für alle anderen, die Marketing betreiben (für ihr eigenes Business oder für einen Auftraggeber).

Also: für dich.

Denn schlecht zu texten wird sich bald anfühlen, als würde man in einer Jogginghose in ein schickes Restaurant gehen: Es wirkt dann deplatziert, nachlässig, geradezu faul. („Konntest du dir nicht wenigstens ein bisschen Mühe geben??“)

Wenn deine Konkurrenz bald richtig gute Botschaften raushaut, richtig gute E-Mails schreibt, richtig guten Content postet – wie hast du dann überhaupt noch eine Chance?

Wie kannst du dich noch abheben?

Natürlich kannst du „genau so gut“ werden, KI sei Dank.

Aber ich bin überzeugt: Wenn du mit deinem Business bestehen willst (insbesondere, wenn du als so genannte „Personenmarke“ auftrittst), musst du jetzt „anders gut“ sein.

Eigenwilliger.

Noch persönlicher.

Ich nenne es: radikal menschlich.

1. Radikal menschlich ist, wenn andere dich wiedererkennen

Für mich ist eine logische Konsequenz im KI-Zeitalter: Ich bin jetzt noch mehr Marike.

„Schreib, wie du sprichst“ war schon immer meine Devise – aber hey, jetzt gilt das mehr denn je!

Schöne, geschliffene Sätze reichen nicht mehr. Jetzt braucht es noch mehr Bäm und Wumms und „Das ist echt mal anders“, und ja, vielleicht kann auch das irgendwann die KI.

Aber bis dahin mach ich’s zu meinem Markenzeichen.

Ich möchte wiedererkannt werden. Als die Frau, die gern so’n bisschen chaotisch ist (aber 1000 Ideen hat). Als die Frau, die ihre Geige liebt (und Musik ganz generell). Als die Frau, die bereit ist, für SCHÖNE Orte (Hotels/Ferienwohnungen/Restaurants) viel zu viel Geld auszugeben.

Und natürlich: als die Frau, die ihren ganz eigenen Sound hat.

Wenn du dir unter „Sound“ nicht wirklich was vorstellen kannst, dann liegt es daran, dass dir das in der Schule nicht beigebracht worden ist.

Aber wenn du so einen „Sound“ bei anderen wahrnimmst, wirst du spüren, wie es dich reinzieht, wie du mitgerissen wirst, wie du mehr davon willst, wie es dich vielleicht auch anpiekst oder irritiert – wie es kurz gesagt etwas „mit dir macht“.

Deine Persönlichkeit, dein Sound, dein „So bin ich und nicht anders“ – das wird in Zukunft im Marketing ein noch wichtigeres Pfund.

Und im Zusammenspiel mit der KI macht es dich unschlagbar und unvergesslich.

2. Radikal menschlich ist, kluge Gedanken zu teilen

Gute Tipps gibt’s jetzt auf Knopfdruck. Ich brauche dich nicht mehr, um die „3 Schritte zu Ziel XY“ zu erfahren. Die KI erzählt’s mir innerhalb von Sekunden!

Was ich mir aber von dir wünsche, sind kluge Gedanken. Schlaue Verknüpfungen. Orientierung. Ordne für mich ein, wie du etwas siehst. Warum X keine gute Idee ist und Y völlig überbewertet.

Zeig mir Aspekte, die ich selbst noch nicht erkannt habe.

Teile mit mir die Ergebnisse deines Nachdenkens über ein Thema.

Mach mich aufmerksam auf Details, die ich bislang übersehen habe und über die nicht jeder spricht.

Schenk mir deine Erfahrung und deine Weisheit, die eine KI (noch?) nicht hat.

Denn kluge Gedanken werden in Zukunft wichtiger, um hervorzustechen – und das ist doch eigentlich eine schöne Aussicht.

3. Radikal menschlich ist, andere zu unterhalten

Und wo wir grad beim Thema Schenken sind: Oh, bitte bitte schenk mir deine Geschichten!

Denn was du erlebt hast, macht dich unverwechselbar.

Geschichten unterhalten, gehen zu Herzen, bringen zum Lachen oder Nachdenken, bleiben in Erinnerung. Sie hallen nach. Und sie helfen den Menschen da draußen, so richtig bei dir anzudocken.

Kann dir KI helfen, diese Geschichten rüberzubringen?

Aber natürlich.

(Wäre doch schön doof, wenn du dich unnötig quälen müsstest, oder?)

Aber die Entscheidung, sie zu erzählen, und sie so zu erzählen, dass ich die Echtheit spüren kann, das liegt bei dir.

4. Radikal menschlich ist unkopierbar

Über Sprache kannst du transportieren, was dich ausmacht. Du kannst Emotionen auslösen. Zum Nachdenken bringen. Begeistern. Überzeugen. Aktivieren. Beruhigen. Zu Tränen rühren.

Es ist fantastisch, was mit Worten alles geht!

Nur sollte deine ganz persönliche Aneinanderreihung von Worten im Idealfall unkopierbar sein.

Denkst du zum Beispiel, dass du diesen Text so hättest schreiben können, wie ich? Ich glaube: nein. Auch die KI (noch?) nicht. Denn meine Unkopierbarkeit ist eine Komposition aus „Marike-Sound“ und durchdachten Inhalten.

Ich werde noch radikaler mit Slang, mit Einschüben, mit nicht-alltäglichen Worten, mit einem Satz-Aufbau, der wie dahingeklatscht wirkt, an dem ich aber natürlich gefeilt habe ohne Ende (schreibt die KI eigentlich schon so was wie „gefeilt ohne Ende“?).

Mein „Sound“, die Art wie ich schreibe, ist mittlerweile wie eine out-of-bed-Frisur – es wirkt nicht, als hätte ich mir Mühe gegeben; tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Und vielleicht ist dieser spezielle Sound überhaupt nicht dein Ding, das ist ja auch gar kein Problem. Mein Ziel ist nicht, dich dahin zu bringen, „wie Marike“ klingen zu wollen.

Finde deine eigene sprachliche Unkopierbarkeit!

Dafür musst du aber ausprobieren.

Deine Deutschlehrerin vergessen.

Das „professionell klingen wollen“ mal beiseite schieben.

Und sprachlich ganz „DU“ sein.

Vielleicht, indem du einfach mal Gedanken genau so runterschreibst, wie du sie denkst. Vielleicht, indem du die Emotionen in deine Sprache lässt, die du tatsächlich fühlst. Vielleicht, indem du etwas aussprichst, das anecken könnte.

Sei unkopierbar.

Unverwechselbar.

Radikal menschlich.

Marike Frick

Marike Frick

Marike Frick ist ausgebildete Journalistin und zeigt Unternehmern und Einzelkämpfern, wie sie ihre Pressearbeit selber machen können. Ihre Texte sind u. a. in DIE ZEIT, Brigitte Woman, Financial Times Deutschland, Spiegel Online und Business Punk erschienen. Sie lebt mit ihrer Familie derzeit in Genf, glaubt an die tägliche Ration Kaffee (Barista-Style) und liebt gut gemachte TV-Serien in Kombination mit dunkler Schokolade und Rotwein.

6 Gedanken zu „Marketing und KI: Zeit, radikal menschlich zu sein“

  1. Unter „Wer ist Elke Baum speziell „findet man mich schon bei ChatGPT – und wahrheitsgetreu. Ich schreibe jeden Tag aktuell für meine Community selber meine Berichte und verwende oft die Überschrift von ChatGPT umgewandelt. Jeden Tag über ein anderes Thema. Gerade hat das Hamburger Abendblatt einen langen Bericht über meine Arbeit geschrieben.

    1. Super, dass es schon mal wahrheitsgetreu zugeht! 🙂 Die Frage wäre für mich allerdings – wer sucht „Wer ist Elke Baum?“ Wahrscheinlich die wenigsten. D.h. wir brauchen ein besseres Verständnis davon, was Menschen in KI-Tools suchen und wie man es schafft, dort erwähnt zu. werden. An dem Thema sind wir auch grad dran…

  2. Marike,
    was für eine wunderbare Auseinandersetzung mit der KI Welle. Du bringst es auf den Punkt. Emotionen, unsere Werte und die vielseitigen Geschichten kann KI noch nicht schreiben – auch mit den besten Prompts nicht. Für mich bedeutet es auch immer wieder die besten Geschichten zu hören und das radikal menschliche in Gesprächen aufzuschnappen – wie z.B. heute. Ein 73-jähriger Mann erzählte mit, er habe wissen wollen, was er auf dem Markt der Liebe noch wert sei. Er sei erstaunt gewesen, wie viele Frauen sich auf der Datingplattform gemeldet hätten.

    1. Liebe Rita, das würde ich total gern unterschreiben – aber es ist tatsächlich schon so, dass die KI Geschichten sehr gut aufschreiben kann. Wir müssen sie halt nur mit eben diesen Geschichten füttern… Aber natürlich muss man sie erst mal ERLEBEN.

  3. Endlich bringt das mal jemand auf den Punkt. KI ist ein super Tool, aber eben künstlich. Das Mensch-Sein, den persönlichen Touch, den bekommt sie (noch) nicht hin.
    Danke für den Beitrag; er macht Mut und motiviert!
    Liebe Grüße, Eva

    1. Ich freu mich total, dass ich dich motivieren konnte, liebe Eva! Die Aussagen „den persönlichen Touch bekommt KI noch nicht hin“ würde ich mit Vorsicht genießen. Da geht schon einiges! Zum Beispiel, eine berührende Geschichte sehr nahbar erzählen zu lassen.
      Ich unterstreiche aber gern noch mal: Jetzt gewinnt, wer wirklich einen eigenen „Sound“ hat. Damit kann man sich dann noch abheben.

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